elixier

Sie werden sich nicht wehren können
ich werde keine gewalt anwenden
ich werde es schlau anstellen

ich werde mich nicht verflüssigen
Sie werden mich nicht trinken müssen
Sie haben schon vor dieser stunde Ihren durst gelöscht

wahrscheinlich werden Sie auch nach dieser stunde wieder
flüssigkeit
zu sich

nehmen
aber nicht mich leider nicht mich
da kommt dann auch schon jemand anderer

es soll da keine vermischung geben
pur sollen Sie mich einnehmen
olfaktorisch vielleicht

über die blumen
die betörenden
jeden dienstag frische

ein kleines husten
in die beuge
so funktioniert das nicht

tränen
worüber soll ich weinen
dass Sie so viel mehr in mir sind als ich in Ihnen

das ist zum heulen
verzweiflung macht keine tränen
erlaubte Tränen

ich weine weine um mich
in dieser zeit
in der ich nur hier nicht alleine bin

ich nehme eines
in jedem therapieraum steht so eine box
das taschentuch

hauchdünnes weißes papier
lasse es meine tränen aufsaugen
lege es zusammen

fein säuberlich
drei mal gefaltet
lasse es liegen

absichtslos
scheinbar
sie wird es nehmen

ich habe den raum bereits verlassen
seufzend vielleicht
und in den papierkübel gleiten lassen

die winzigen partikel der verdünnten kochsalzlösung werden an ihren fingerspitzen
anhaften daumen und zeigefinger genügen irgendwann wenn sie sich durch die haare fährt bevor sie dem nächsten klienten die hand reicht werden diese winzlinge den weg durch ihre haut finden diffundieren durch epidermis dermis subcutis die schichten
durchdringen in den blutkreislauf gelangen

zeit
nichts
muss schnell gehen

sie werden sich freudvoll ihren weg bahnen rutschen purzeln und sich zum herzen
bringen lassen zur lunge unruhe stiften aufrütteln wild sein sie in aufruhr bringen tanzen soll sie mit mir und singen laut und falsch worte freilassen ungeahnt sanft zärtliche…“

Susanne Hahnl
Susanne Hahnl

Schauspielerin, Soziologin, Autorin. In Wien geboren und lebt auch da. Schreibt dramatisch, fühlt künstlerisch und denkt sich viel. Will ihre Texte hörbar machen

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